Mit BMF-Schreiben vom 29.10.2021 hat das Finanzamt die Möglichkeit geschaffen, kleine Photovoltaikanlagen auf Antrag als steuerlich unbeachtliche Liebhaberei zu behandeln. Im Idealfall sind dadurch keine steuerlichen Erklärungspflichten zu erfüllen. Im Folgenden wird genauer erklärt, unter welchen Voraussetzungen der Antrag gestellt werden kann und was bei der Antragsstellung zu beachten ist.
Inhaltverzeichnis
- Voraussetzungen zur Antragsstellung
- Antragsfrist
- Wirkung des Antrags
- Auswirkung auf die Umsatzsteuer
- Fazit
1. Voraussetzungen zur Antragsstellung
Wichtigstes Merkmal ist die installierte Gesamtleistung der Photovoltaikanlage. Ein Antrag auf Liebhaberei kann grds. nur gestellt werden, wenn die installierte Leistung den Wert 10 kW / 10 kWp nicht überschreitet. Achtung: Es kommt hierbei auf die Gesamtleistung an. Mehrere Photovoltaikanlagen einer steuerpflichtigen Person werden zusammengerechnet. Der Antrag ist grds. auch für Blockheizkraftwerke (BHKW) möglich. Hier beträgt die Grenze 2,5 kW.
Entscheidend ist zudem die Verwendung des erzeugten Stroms. Wird der Strom ausschließlich in das öffentliche Netz eingespeist oder in zu eigenen Wohnzwecken genutzten Räumen verbraucht, ist das unschädlich. Liegt hingegen eine schädliche Stromverwendung vor, entfällt die Antragsberechtigung. Dies ist z.B. der Fall, wenn der erzeugte Strom durch den Mieter oder auch zu eigenen betrieblichen Zwecken genutzt wird. Sogar die Nutzung des Stroms zum Aufladen des betrieblichen Elektroautos gilt als schädlich. Unproblematisch hingegen ist der Verbrauch im eigenen häuslichen Arbeitszimmer.
2. Antragsfrist
Bei Neuanlagen (Inbetriebnahme ab dem 01.01.2022) ist der Antrag bis zum Ablauf des Veranlagungszeitraumes zu stellen, der auf die Inbetriebnahme der Anlage folgt.
Beispiel Neuanlage: Die Anlage wird am 06.03.2022 in Betrieb genommen. Der Antrag ist somit bis zum 31.12.2023 zu stellen.
Bei Altanlagen (Inbetriebnahme vor dem 01.01.2022 und nach dem 31.12.2003) ist der Antrag spätestens zum 31.12.2022 zu stellen.
Bei Photovoltaikanlagen, die vor dem 01.01.2004 in Betrieb genommen wurden, ist die Antragsstellung erst nach Ablauf von 20 Jahren Betriebsdauer möglich.
3. Wirkung des Antrags
Sofern der Antrag erfolgreich gestellt wird, wird vom Finanzamt unterstellt, dass keine Gewinnerzielungsabsicht (mehr) vorliegt. Somit entfällt die Pflicht zur Gewinnermittlung und zur Abgabe der Steuererklärung.
Der Antrag gilt auch für die künftigen Veranlagungszeiträume. Allerdings sind Veränderungen bei den o.g. Voraussetzungen dem Finanzamt mitzuteilen. Wird z.B. im Folgejahr die installierte Gesamtleistung von 10 kW überschritten oder erfolgt eine schädliche Verwendung des erzeugten Stroms ist ab diesem Zeitpunkt wieder eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung abzugeben.
Der Antrag kann sich auch auf vergangene Veranlagungszeiträume auswirken. Sämtliche Gewinne und Verluste von noch offenen Veranlagungszeiträumen werden entsprechend korrigiert. Vor Antragsstellung ist somit unbedingt zu prüfen, welche Veranlagungszeiträume verfahrensrechtlich noch offen sind. Im ungünstigen Fall kann es durch den Antrag zu einer hohen Steuernachzahlung aus den Vorjahren kommen (z.B. wenn Verluste geltend gemacht wurden oder ein in Anspruch genommener IAB rückgängig gemacht werden muss).
Interessant: auch wenn die Voraussetzungen zur Antragsstellung nicht erfüllt sind, ist die Befreiung von den steuerlichen Erklärungspflichten im Einzelfall möglich. Eine steuerlich unbeachtliche Liebhaberei liegt auch dann vor, wenn langfristig ein Totalverlust erzielt wird. Dies kann dem Finanzamt z.B. im Rahmen einer angemessenen Prognoseberechnung dargelegt werden.
4. Auswirkung auf die Umsatzsteuer
Die Anwendung der Vereinfachungsregelung gilt ausschließlich für die Ertragsteuer. Umsatzsteuerlich sind weiterhin die Regelungen des Umsatzsteuergesetzes zu beachten. Sofern die umsatzsteuerliche Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG) nicht in Anspruch genommen wird, muss die Umsatzsteuer auch künftig angemeldet und abgeführt werden. Bei Neuanlagen empfiehlt es sich somit stets zu prüfen, inwieweit die Photovoltaikanlage dem umsatzsteuerlichen Unternehmen zugeordnet werden soll und ob die Anwendung der Kleinunternehmerreglung möglich bzw. vorteilhaft ist.
5. Fazit
Die Antragsmöglichkeit auf Liebhaberei kann für einige Steuerpflichtige erhebliche Erleichterungen bedeuten. Bestenfalls sind keine steuerlichen Erklärungspflichten mehr zu erfüllen. Es ist allerdings genau zu prüfen, ob die Voraussetzungen zur Antragsstellung erfüllt sind und inwieweit sich der Antrag schädlich auf vergangene und noch offene Veranlagungszeiträume auswirkt. Zudem gelten die umsatzsteuerlichen Regelungen unabhängig vom Antrag. Je nach Einzelfall müssen ggf. weiterhin die Umsatzsteuervoranmeldungen und -erklärungen abgegeben werden.